Donnerstag, 30. Juni 2011

60.) Auf nach Port Antonio (Teil III und Ende)

Port Antonio leistet sich den Luxus zweier Bahnhöfe. Der südliche ist der Endpunkt der Südost-Linie von Liberty City. Der nördliche ist der Endpunkt der Nordküsten- Linie, die sich fast in ihrer ganzen Länge an der Küste entlang schlängelt und von Montego Bay ausgeht. Auf einem großen Teil der Strecke laufen Straße und Bahnstrecke parallel, so auch auf den letzten Kilometern, die nach Port Antonio führen und wir auf der Straße bewältigen. Wir erreichen den Ortsteil, der einfach Port (=Hafen) genannt wird. Wir fahren Straßen mit großen Löchern, die Häuser zu beiden Seiten sind in schlechtem Zustand. Überhaupt scheinen es mehr Baracken als Wohnhäuser zu sein. Eine Fülle Kinder schauen neugierig zu unserer Kutsche hin, die meisten sind barfuß und nachlässig gekleidet. Auf der Straße liest Abfall, Zeitungsblätter werden vom Wind über den Weg geweht. Alte Leute sitzen vor einer Taverne und Starren uns hinter her. Vor den Häusern wächst Unkraut kniehoch, viele Fenster sind glaslos, Decken verhüllen die Öffnungen. Als wir uns dem Wasser nähern, bemerken wir Gestank von verfaulten Fischresten, die in irgendeinem der überwucherten leeren Grundstücke vor sich hin rotten müssen. Der Hafen selbst ist klein, es ist Platz für einige Fischerboote, ein Zentrum der Handelsschifffahrt ist dieser Platz nicht. Hier endet die Bahnlinie, der Bahnhof ist verlassen, der nächste Zug kommt er in Stunden. Einige verlassenen Güterwaggons stehen auf dem Nebengleisen, in der Nähe sind Lagerschuppen, zu sehen sind einige Arbeiter, die beschäftigungslos gemeinsam rauchen. Das ist  der Norden von Port Antonio, die Heimat der Dienstboten, der Gärtner, der Handlanger. Blickt man von diesen kläglichen Hafen nach Süden sieht man das, wofür der Name Port Antonio bekannt ist: Blendend weiße Häuser, deren Reihen durch grüne Linien durchschnitten werden - Bäume, meist Palmen - spenden Schatten für die Flaneure auf den breiten Gehwegen. Das Pier, ebenfalls weiß, schiebt sich vielleicht 200m weit auf Meer hinaus, Hotels, Restaurants, das Casino nicht zu vergessen, das alles gehört zum Bild von Port Antonio, dem klassischen Urlaubsort der Elite von Neu-Amerika. Aber neuerdings wird diese Elite ergänzt von der oberen Mittelklasse , die nicht in eigenen Sommerhäusern ihren Urlaub verbringen, sondern in der Vielzahl kleinerer wie größerer Pensionen, sie sich ein wenig vom Hafen abgesetzt etabliert haben, auch sie nicht billig, aber erschwinglich für die immer größere Zahl der Gutverdiener und Prestigesüchtigen. Der Blick vom Port der armen Seite Port Antonio fällt auch noch auf die wahrscheinlich bekannteste Besonderheit der Stadt : dem Simple Hill.


Simple Hill ist ein Hang am südlichen Rand von PA. Bis vor einigen Jahrzehnten war er hauptsächlich mit Weinreben bepflanzt. Durch seine Steillage war dieser Hang nur mit großer Mühe zu bewirtschaften. Denn zwischen dem Schieferboden, die einen hervorragenden Wein hervorbringen, kommt an vielen Stellen der bloße Fels zum Vorschein. Der ganze Berg war durchzogen von einem Gewirr von Pfaden, die ein kräftiger Mensch, aber im Fall der Weinlese und der Bearbeitung  der Böden eher die geduldigen und achtsamen Eseln benutzen. Von seinem oberen Ende war der Hang unzugänglich, nur von seinem Fuße her, dort wo die Weinbauern mit ihren Eseln hausten, war er zu erklimmen.
Zusätzlich zur Hanglage war eine andere Besonderheit dem Weinbau förderlich und zwar eine klimatische. Vielfach wurden Versuche unternommen dieses Phänomen zu beschreiben, aber zufriedenstellend ist es nie gelungen Welches Phänomen? von dem Gipfel des Hanges fällt in der zweiten Tageshälfte ein kühlender Wind den Hang herab und mildert die ´starke Sonneneinstrahlung mit einer kühlen Feuchtigkeit, die ein ganz außergewöhnliches Wohlgefühl erzeugt.
Diese Besonderheit, dazu der wunderbare Blick und der wilde jähe Hang haben einige Menschen inspiriert dort die Sommermonate zu verbringen.
Es begann mit kleinen Sommerhäusern (genannt cottages), die an den Hang gedrückt, gebaut wurden. Der Transport der Materialien, der Bau selbst, all das war aufwendig und daher teuer. Kein Wunder also, dass diese cottages zu einem Prestigeobjekt der Reichen und Superreichen wurde. Die Häuser wurden größer, die Architektur gewagter, es wurde Gärten angelegt, Grundstücke terrassiert. Jedes neue Haus wurde gebaut um das vorherige zu übertreffen. Mal werden die Häuser tief in den Felsen hineingetrieben, dann stehen auf angelegten Terrassen dicke Säulen als Eingangsportale. Ist wieder ein Haus fertig mit gewagter Architektur, liegen bei dem nächsten Superreichen in Liberty City schon die Pläne der Baumeister bereit um noch gewagteres in und an den Fels zu bauen.
Die Kosten schrauben sich in unglaubliche Höhen. Dennoch , nicht trotz der hohen Kosten wird gebaut, sondern wegen der Kosten. Wegen des Prestige, wegen des Geltungsbedürfnisses. Aber die Rede ist immer, ganz bescheiden von cottages, also Hütten. Das Simple Hill cottage ist der sprichwörtliche Gipfel des Erfolg, das Neu-Amerikas Geldelite erklimmen kann. Die Baumeister werden reich damit, aber auch eine andere Gruppe, nämlich die Eigentümer des Landes am Simple Hill. Zuerst verkaufen sie die Grundstücke, danach sind sie als Transporteure mit einer unendlichen Schar von Eseln damit beschäftigt die Baumaterialien über schmale, kurvenreiche Pfade zur Baustelle zu schaffen und sind die Villen schließlich vollendet, tragen sie die  Güter die Koffer ja auch die Bewohner in von vier oder sechs Eseln getragenen und eigens konstruierten Sänften bergan . Es sind die Donkeysteros, so nennen sie sich selbst, die Eselsführer (donkey = Esel) und Eselszüchter und ehemaligen Weinbauern. Es sind eine Handvoll spanisch sprechender Familie die dieses Geschäft monopolisiert haben und damit reich geworden sind. Sie dulden keine Außenstehenden in ihrem Bereich. Sie heiraten untereinander oder holen ihre Bräute irgendwo aus Latein Amerika heran. Sie pflegen ihr lateinisches Erbe, ein wenig ostentativ manchmal, Hola! und Hombre! und chico und ähnliche Ausdrücke ist oft eingeflochten in ihr übrigens sonst makelloses Englisch. Sie sind Neu-Amerikaner , daran bestehtkein Zweifel, jährlich nehmen sie an der Parade in Liberty City zum Con Cup teil mit prächtigen Kutschen, die von Eseln gezogen werden. Der Zufall der Umstände hat es gewollt, daß sie wohlhabend geworden sind, doch ihnen kommt nicht in den Sinn diesen Wohlstand zu genossen. Es sind Arbeiter und gehen unverdrossen ihrer Arbeit nach, ihre Arbeit und ihr Stolz sind Zwillinge. Auch auf ihre Häuser legen sie keinen großen Wert. Die Hütten waren und sind recht armselig, die Ställe der Esel dagegen werden ständig vergrößert und erneuert. Das einzige Zeichen von Luxus, das sie sich gönnen ist der Schmuck. So sieht man Donkersateros-Frauen mit Goldhalsketten bei ihrer Hausarbeit oder in ihrem Garten oder Männer mit Goldringen um jeden einzelnen Finger arbeiten auf der Baustelle eines weiteren neuen cottage.


Ein weiteres Hobbypferd der Geldelite ist der Ballspiel-Klub, die Clippers. Die Sprösslinge der Überreichen kamen auf die Idee , dass es fein wäre über die Sommermonate an ihrem Urlaubsort auch eine Ballspiel Mannschaft zu haben. Die Väter , sie sind die großen Herren hinter den Klubs der Roten und Blauen´in der Hauptstadt und die Söhne leisten sich den Luxus einer Schar Berufsspieler in Port Antonio. Im Nu war ein Ballpark gebaut auf einem kleinen Hügel gebaut mit einmaligen Blick über das Außenfeld hinaus auf den Ozean, auf dem übrigens zu allen Zeiten einige der Weißen schlanken Segelschiffe ihre Bahnen zogen , nach denen das Team benannt ist. Unsere Eigner legen großen Wert auf das Erscheinungsbild unserer Mannschaft. Auf Reisen haben wir die weißen Klub-Anzüge zu ragen, dazu einen breitrandigen weißen Hut. Und ein Fleck auf dem Jackett ist eine größere Sünde als drei strikeouts  with the bases loaded. .  In der bisherigen 5 Jahren der Ligen waren die Port Antonio Clippers das schlechteste Team in Neu Amerika. Die Eigentümer waren Dilettanten , der Genral Manager musste sich mehr um das wohlergehen seiner Arbeitgeber, als das der Mannschaft kümmern. Und der Manager war oft ein ehrgeiziger Jasager, der das Leben in einem Urlaubsparadies genoss.
Ich begann mit den zwei Bahnhöfen. Der zweite ist der Endpunkt der Südost-Bahn von Liberty City. Während am North Coast Station auf Nebengleise scheinbar vergessen rostige Güterwagen herumstehen, sind die Nebengleise des South East Station im Sommer voller Privat-Reisewaggons der LC-Superreichen, die in eigenem Waggon, angekoppelt an die regulären Züge, nach Port Antonio reisen. Eine Verbinden dieser beiden Bahnhöfe war geplant wurde aber nie gebaut. Die Elite der Stadt fürchtete die Gleise, den Rauch und Ruß. der Strand wäre von der Stadt abgeschnitten und well-connected wie sie sind waren sie erfolgreich und es blieb bei den zwei Endpunkten.

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