Sonntag, 20. März 2011

19) Ende Februar 1891, Liberty-Stadt, Ein Anzug bei der Arbeit

Es wird höchste Zeit, daß ich wieder etwas von mir hören lasse. Die Off-Saison ist fast vorbei. Der Frühling steht vor der Tür und mit ihm das Ballspiel. Seit dem Ende der letzten Saison, bis jetzt war ich in Liberty City geblieben. Mein Mannschaftskamerad und guter Freund Bramble hatte mir das Angebot gemacht, in der Firma seines Vaters zu arbeiten bis die neue Saison beginnt. Da ich keine anderen Pläne für die ballspiellose Zeit von Oktober bis März hatte, habe ich das Angebot mit Freuden angenommen. Ich wußte das Ran Brambles Vater ein eigenes Unternehmen leitete, soviel hatte er mir erzählt. Ich stellte es mir als ein kleines Geschäft vor, wo der Chef mit Bleistift hinter dem Ohr hinter der Theke die Kunden lächelnd nach ihren Wünschen fragte und die Mutter im Hinterzimmer das Mittagessen für die Familie rührte. Die Realität sah etwas anders aus.

Ich war gewarnt, als Bramble mir einige Tage bevor ich menen Dienst antreten sollte, einschärfte mir unbedingt einen Anzug zu besorgen mit Krawatte natürlich. So erschien ich schließlich an der angegebenen Adresse und stand vor einem riesigen achtstöckigen Haus, das komplett von der Firma Bramble und Partner belegt war und das einer der größten Außenhandelshäuser von Neu-Amerika war. Ich hatte keine Ahnung davon gehabt und trat mir wegen meiner Dummheit selbst in den Hintern, in Gedanken nur - natürlich.
Also trug ich den ersten Anzug meines Lebens. Die Beschäftigten der Firma und aller anderen auch war eingeteilt in "die Anzüge", d.h. die Office-Klerke und "die Jungs", d.h. die Dienstboten und Handwerker. Ich war also ein Anzug.
Ran`s Vater, den ich mir mit Bleistift hinter dem Ohr vorgestellt hatte, traf ich während der gesamten Monate nicht ein einziges Mal. Auch Ran traf ich nur ein- oder zweimal zufällig, er arbeitet in einer anderen Etage. Die meiste Zeit war ich mit vier anderen Anzügen zusammen, die ebenfalls Ballspieler waren und gemeinsam durchliefen wir eine Art Lehrzeit. Wir lernten die verschiedenen Arbeiten und Abteilungen kennen, uns wurden die riesigen Lagerhallen der Firma im Hafen gezeigt und nach und nach wurden wir mit kleineren Aufgaben betraut, angefangen von Botengängen, bis zur Kontrolle von Lieferungen und der Buchhaltung.
Mister Skole war ein Mann ohne Lächeln. Er war unser Aufseher. Ein Nicken war war eine Anerkennung für gute Arbeit, ein Kopfschütteln ein schlimmer Tadel, ab und zu sprach er noch ein, zwei Worte zusätzlich, das war alles. Der einzige Ansatz von Humor seinerseits betraf meinen Namen. So sagte er gelegentlich, bei irgendwelchen numerischen Aufstellungen, die ich zu bearbeiten hatte. " Those numbers, will you check them, U-chek?", das ganze mit einer listigen Betonung gesprochen, als hätte er damit eine ungemein orgineles  Wortspiel entdeckt. Ein harmloser, kläglicher Humor,  nicht wahr? Ansonsten war er ein korrekter und gerechter Lehrermeister.
Später mehr....

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